Lutz Nevermann (Dtl.)

Seegestöber Interaktives Projekt mit Sound Poles

nevermann sound pole 0023kl   nevermann 5 sound poles

Lutz Nevermann (Dtl.)

Seegestöber Interaktives Projekt mit Sound Poles

nevermann sound pole 0023kl   nevermann 5 sound poles

Biografie

1959 geb. in Lübeck

1996 Abschluss Biologiestudium u. Promotion

1997 Werkstatt für Goldschmiedekunst u. Gestaltung in Mainaschaff

Installationen im Außenbereich zum Thema Umgang mit Erinnerungen, Wahrnehmungen, Arbeitswelt u. Umwelt. Gewollt ist die Auseinandersetzung mit dem Betrachter.

Katalog (Deutsch)

Fünf Personen treten zielstrebig an den Teich heran. Sie setzen dunkle Sonnenbrillen und Kopfhörer auf und ergreifen lange, grüne Stäbe, an die sie ihre Kopfhörer anschließen. Ruhig und konzentriert beginnen sie mit den Stäben das Wasser am Teichufer zu sondieren.

Das ritualisierte Aufsetzen und Zurechtrücken der Sonnenbrillen und das Führen der Sound Poles wecken die Aufmerksamkeit und Neugier der Zuschauer: Was machen die da? Kann man da etwas hören?

So erweitert das Seegestöber das Bewusstsein für unsere akustische Umwelt.

Diese ist uns nämlich fremder als wir zunächst vermuten, denn ein Großteil der Geräusche wird vom Gehirn einfach ausgefiltert, bevor wir sie wahrnehmen. Die Geräusche hier im Wald stammen aus der Natur und der nahen Stadt, aber woher genau, wissen wir zumeist nicht.

Während der Interaktion können die Besucher die Sound Poles selbst benutzen, um mit ihnen die sonst unzugängliche Unterwasser-Klang-Welt zu erforschen. Dabei werden sie unversehens zu einem wesentlichen Element des Projekts: Was auch immer sie mit den Sound Poles hören, ist gar nicht mehr wichtig. Wichtiger ist das Bild, welches sich ergibt, wenn die Teilnehmer die Sound Poles ins Wasser halten. Bedeutend ist dabei ihr Verhalten, wie sie mit den Sound Poles umgehen, ob sie sich eher ruhig hinsetzten und lauschen oder selbst beginnen, Geräusche zu erzeugen, ob sie an einem Ort bleiben oder zu einer längeren Exkursion am Teichufer aufbrechen. Und schließlich, dass sie von ihren Hör-Erlebnissen und Eindrücken berichten. Spannend finde ich die Assoziationen, die sich aus dem Kontext von Goetheteich, Naturvorstellung und nerdigem Exkursionsteam am Ufer ergeben: Wie romantisch ist unsere Vorstellung von Wissenschaft eigentlich?

Bei der Entwicklung der Sound Poles ging es mir nicht um HiFi-Qualität, sondern um Funktion in der Performance und in den Händen der Besucher. Aus formalen Gründen erinnern die Sound Poles an Blindenstöcke, und tatsächlich haben sie ja eine vergleichbare Funktion, wenn wir mit ihnen unsere akustische Umwelt ertasten.

Um Unterwasser-Geräusche hörbar zu machen, befindet sich in einem Gummiball an der Spitze der Stäbe ein eigens konstruiertes Piezo-Mikrofon und am Handteil ein Verstärker mit Regler, so dass die Lautstärke der jeweiligen Situation angepasst werden kann. Die geschlossenen Kopfhörer und dunklen Sonnenbrillen dämpfen Umgebungseindrücke, so dass die recht leisen Geräusche der Unterwasserwelt besser gehört werden können.

Catalog (English)

Five people purposefully approach a pond. They put on headphones and dark shades, and grasp long, green canes to which they connect their headphones. Quietly focused, they begin to sound the waters at the pond’s bank with their sticks.

The ritualized positioning and adjusting of the technical equipment followed by the wielding of the Sound Poles prompt attention and curiosity with the audience: What are those people doing there? Is there anything audible?

It is in this manner that Seegestöber raises and widens our awareness of the acoustic environment, it being more foreign to us than we would assume in the first place, as the greater part of sounds is filtered by our brain before we even take notice. Here, in the forest, the noises originate from nature as well as from the nearby city; from which source exactly, however, we can scarcely tell.

While the interaction is going on, visitors, too, can use the Sound Poles on-site to explore the underwater world of sounds otherwise inaccessible to them. Unawares, in the process, they are getting involved as an integral part of the project: It is no longer important what they actually hear by means of the Sound Poles. Far more important are the images that emerge when the participants are holding the green canes into the water. It is their behaviour that is meaningful, the way they handle the Sound Poles: Do they sit down, quietly listening, or do they begin to produce their own noises? Do they stay at the one place, or do they set out for a prolonged excursion along the pondside? And, eventually, how do they comment on their listening experiences and impressions? Most exciting to me are the associations that are spawned in the context of Goethe’s Pond, a nerdy team of researchers at its banks and general conceptions of nature: Just how romantic is our idea of science?

When developing the Sound Poles I never aimed at hi-fi standards but at functional qualities with respect to both, the artistic performance and the practical handling by visitors. It is not entirely coincidental that their design is reminding us of white canes, as used by the visually impaired, and they do have a similar function indeed, when we apply the Sound Poles to gropingly scan our acoustic environment. The underwater soundscape is made audible by a specially designed piezo-microphone located in a rubber ball at the tip of each cane and a variable amplifier fitted into the handlebar to control the volume appropriately. Tightly closing headphones und dark sunglasses dampen ambient stimuli, thus allowing listeners to more easily discern the rather faint sounds of the underwater world.